Anhörungspflicht bei Verdachtskündigung: Die Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb zweier Arbeitstage ist zu knapp bemessen
Bei einer Verdachtskündigung handelt es sich – wer hätte es gedacht – um eine Kündigung aufgrund eines Verdachts, und zwar auf eine rechtswidrige Handlung eines Arbeitnehmers. Und ein solcher Verdacht kann durchaus eine Kündigung rechtfertigen.
Ein Ingenieur war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt und hatte nach einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit dem Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit mit seinem Firmenlaptop eine größere Datenmenge heruntergeladen. An einem Donnerstagabend erreichte ihn die Aufforderung seines Arbeitgebers zur Stellungnahme zu dem Vorfall. Dazu war ihm eine Frist bis zum folgenden Montag um 13:00 Uhr gesetzt worden. Als der Ingenieur die Frist hatte verstreichen lassen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos durch eine Verdachtskündigung. Diese war in diesem Fall jedoch unwirksam.
Vor einer Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in jedem Fall anhören. Hier hatte er ihm eine zwar Frist zur Stellungnahme gesetzt – diese war jedoch viel zu knapp bemessen. In Anbetracht des Umstands, dass sich die Parteien bereits in anderen Auseinandersetzungen befunden hatten, in denen sich der Ingenieur stets anwaltlich vertreten ließ, war die gesetzte Frist zur Stellungnahme zu den Vorwürfen mit nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen zu kurz berechnet. Denn der Arbeitgeber hätte dem Arbeitnehmer mehr Zeit geben oder eben auch direkt dem Rechtsanwalt das Anhörungsschreiben zukommen lassen müssen. Somit war die Kündigung unwirksam.
Hinweis: Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber angehört werden. Soll das schriftlich erfolgen, muss dem Arbeitnehmer auch eine angemessene Frist gewährt werden.
Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.03.2018 – 3 Sa 398/17
zum Thema:
Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 07/2018)